Die Wüstenfrösche

 

In einer der schönsten Oasen der Sahara lebte einst ein reicher und mächtiger Kalif in einem prächtigen Palast. Dazu gehörte ein herrlicher Garten, in dem immer einige Blumen ihre Farbenpracht und ihren Duft  verbreiteten. Inmitten dieses Gartens lag ein Teich, auf den der Kalif besonders stolz war und den er jedem Besucher zeigte.

Eines  Tages kam ein weitgereister Kaufmann in den Palast und verkaufte dem Kalifen feinstes chinesisches Porzellan. Gegen Abend aber setzten sich beide bei einer Tasse Mokka an den Teich. Der Kaufmann bewunderte die Seerosen und natürlich das Schwanenpaar auf dem Wasser. 

Dann aber sagte er: "Das einzige, was noch fehlt, sind die Frösche an diesem Teich. "Er  habe diese Tiere schon oftmals vor allem in den Abendstunden gesehen und gehört an den Teichen und Seen in China. Darüber hinaus würden sie viele von lästigen Mücken fangen, fügte er hinzu.  Der Kalif war ganz  fasziniert von den Schilderungen und beschloss sogleich, dass auf jeden Fall solche Tiere  in seinem Teich leben müssten. Schon am nächsten Morgen schickte er seine Diener, damit sie diese Frösche für ihn erwerben. Aber  sie kehrten unverrichteter Dinge zurück; niemand im weiten Umkreis hatte von Fröschen auch nur gehört. So ließ der Kalif verkünden,  er würde jeden Frosch, der ihm gebracht würde mit einem Edelstein belohnen.

Dieses erfuhr von seinem Onkel  ein junger Mann, der in Frankreich studierte. Nichts leichter als dies, dachte er und sammelte an einem nahegelegenen Bach einige Frösche  in ein großes Glas , welches er kurze Zeit später mit in die Heimat nahm.  Mit dieser kostbaren Fracht ging er zum Palast des Kalifen, der sich sehr über die so lange gesuchten Frösche freute und den Studenten auch wie versprochen entlohnte.

Um so größer aber war seine Wut, als er die Tiere schon einige Tage später leblos am Rande des Teiches fand, offenbar hatten sie die große Hitze nicht vertragen.   Er ließ den Studenten sogleich verhaften und ins Verlies werfen.  Am Tag darauf wurde dann verkündet, nicht  nur einen Edelstein sondern auch das Recht im Palast zu wohnen erhielte derjenige, der solche Frösche brächte, die in des Kalifen Teich leben könnten.

Davon hörte bald darauf der junge Amir und ging zum Kalifen. "Ich werde Euch solche Tiere suchen, wenn ihr mir darauf  eine eurer Töchter zur Frau gebt."   Dieses versprach der Kalif.  Amir machte sich sogleich auf den Weg ; er durchstreifte die Wüste von Ost nach West und von Nord nach Süd. In jeder Oase, an jedem Wasserloch lauschte und lauerte er, ob er nicht einen Frosch entdecken könne. Aber ganz ohne Erfolg. Erschöpft kam er eines Abends in ein kleines Dorf um dort zu übernachten. Die Bewohner nahmen ihn freundlich auf jedoch sagten sie ihm, er solle sich des Nachts nicht erschrecken, wenn aus nahen Berg dort eigenartige, klagende Laute kämen. 

Tatsächlich ließen sich diese auch schon kurze Zeit später vernehmen. Aber der junge Amir wurde eher neugierig als ängstlich und machte sich mit einer Laterne auf den Weg zum  Berg.   Dort entdeckte er nach einigem Suchen einen Spalt, aus dem die Laute deutlicher zu hören waren und  stieg durch diesen in den Berg  hinunter.  Auf beiden Seiten des schmalen Ganges glitzerten Steine, von denen er sich ein paar abbrach.  Schließlich gelangte er zu einem kleinen kreisrunden See, an dessen Ufer  große rotgelb schimmernde Frösche saßen.  Er freute sich unbändig und sammelte sogleich vier der prächtigen Tiere  in einen Beutel, den er immer bei sich trug.

Dann eilte er nach draußen und am nächsten Morgen machte er sich schon im Morgengrauen auf zum Palast des Kalifen. Der empfing ihn auch sogleich und war  hocherfreut , als er sah, was der Jüngling für schöne Frösche gebracht hatte. Er wollte ihn auch sogleich mit einem Beutel voll Edelsteinen wieder fortschicken, doch der erinnerte ihn an das gegebene Versprechen.  Davon wollte der Kalif aber nichts mehr wissen, statt dessen rief er seine Wachen und ließ auch den jungen Amir in Ketten legen.  

Die Tage und die Wochen vergingen und der Kalif erfreute sich noch mehr an seinem Garten und dem Teich, an dem allabendlich die Frösche ein klagendes Konzert gaben. 

 Doch eines Morgens fiel ein sanfter Regen. Die Frösche verließen sogleich quakend das Wasser  und es vollzog sich eine wundersame Verwandlung mit ihnen.  Bald darauf standen, wo zuvor die Frösche gekauert, hatten vier Wachen in ihren rotgelben Gewändern. Sie gingen in den Palast hinein, indem noch alle   schliefen, nahmen dort den ungerechten Kalifen gefangen und  befreiten die jungen Männer aus dem Verlies. Dann erzählten sie vom Fluch, der sie vor vielen Jahren getroffen hatte, als sie den Palast ihres Herrn gegen einen mächtigen Zauberer  verteidigen wollten und dieser sie als Frösche mitten in der Wüste in einen Berg  gesperrt hatte. Hier hatten sie wegen der Trockenheit nicht zu fliehen vermocht, bis Amir sie befreit habe. 

Dieser aber heiratete die schöne Tochter des Kalifen,  der inzwischen reumütig geworden zur Hochzeitsfeier wieder freigelassen wurde. Amir herrschte als neuer Kalif in großer Güte und Gerechtigkeit und an seiner Seite die vier weisen Wachen.

                                                                                   © 2002-Th.S.-HH

    

 

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